Elke Teuber-S
  Königin von Saba
Elke Teuber-S
  Erfundene Wahrheit
Eke Teuber-S
  li-la-lux Selma hat Geburtstag
Elke Teuber-S
  Ist Abelone schön?
Elke Teuber-S
   Immer wieder Neues ausprobieren
Elke-Teuber-S
  woerter - malen
Schawelka
  Ursprung, Spur und Doppelung
Ursula Boy-Will
  Höhenflug - Flügelschlag
Anne Feuchter-Schawelka
  Der direkte Blick - Aug' in Aug', frontal
 

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triptichon

Höhenflug - Flügelschlag

Eine tiefere Dimension (innerer) Wirklichkeit zu erleben, fällt dem Menschen nicht natürlicherweise zu und wird durch das Tagesgeschehen auch nicht eben gefördert. Gleichwohl gehören diese Erfah­rungen innerer Wirklichkeit zum Wesen des Menschen. Oft sind sie allerdings fast völlig zugedeckt - und damit ist auch die Kraft verborgen, die sich quasi als Zugabe aus ihnen ergibt.
Sinnbilder oder Symbole sind geradezu wie Schlüssel, die genutzt werden können, ungekannte, alte und neue innere Räume aufzuschließen und der Erlebnisfähigkeit zugänglich zu machen. Die beim Begehen dieser »Räume« sich vielfältig erschließenden Perspektiven sind nicht Teil einer abstrakten inneren Welt, sondern sind oft überraschend dicht an Alltagserfahrungen gebunden und können diesem Alltag einen neue »innere« Feinheit verleihen. Fast mahnend verweist seit Jahrtausenden eine Fülle von Symbolen darauf, diese immer neuen Räume wahrzunehmen.
Zeitgenössische Kunst kann diese alten Sinnbilder, von denen wir uns oft genug weit entfernt haben, dicht an uns heranführen. Damit sind sie wie Brücken, die mit dem neu zu Erschließenden ver­binden:
Beispielhaft soll hier das aus früher Zeit stammende Symbol des Kreuzes, hier in Gestalt des Triptychons im Altarraum der Stadtkirche, bedacht werden.
Betrachtet man das Symbol »Kreuz« aus der Perspektive, die unseren Kulturkreis geprägt hat, also aus der christlichen, so zeigt sich zunächst die auf den Kosmos bezogene Bedeutung:
Das Kreuz ist ein Grundmodell für das Universum, die vier Weltrichtungen und ihre räumliche und zeitliche Ausdehnung. Die Weiten treffen wieder aufeinander, denn es gibt einen gemeinsamen Fix­punkt, das Zentrum des Kreuzes. Auch die weit entfernt liegenden Orte sind daher verbunden, nichts bleibt beziehungslos.
Ich selbst bin - strecke ich meine Arme zur Seite aus - mit meinem Körper wie ein Kreuz, an dem sich Ausweitung, scheinbare Beziehungslosigkeiten und Zentrierung, Zusammengehörigkeiten wiederholen können.
Als Kreuz des Jesus Christus ist es ein Zeichen für leidvolle und verzweifelte Situationen, die bereits die Überwindung und Lösung in sich tragen. So ist das Kreuz eben nicht allein ein Zeichen der Mar­ter, sondern auch ein Zeichen des Neuwerdens.
Es scheint, als ob das Triptychon hier in den Kirch- (bzw. Altar-) raum »hineinbricht«. Nicht allein sein Ort, auch die Farbe Gelb spricht von dieser auf den Betrachter zukommenden Bewegung: Diese Farbe bewegt sich als Farbe des Lichts von oben auf den Betrachter zu. Sie eröffnet damit eine weitere Dimension der kosmologischen, existentiellen und christologischen Vieldeutigkeit des Kreuzes.
Symbole verweisen auf eine andere Wirklichkeit, Engel kommen von dort und können Überbringer von Botschaften aus dieser anderen Realität sein.
Ihre Bewegung (»Flügelschlag«) vollzieht sich von »oben«, aus dem Himmel, aus der Transzendenz nach »unten«, auf den Menschen zu. Als Beschützer oder Wächter begegnen sie den Menschen als Gesandte Gottes. Daher vermitteln sie nicht primär eine vertrauliche Nähe, sind also keine Gefährten, sondern ihnen ist eine gewisse Unnahbarkeit eigen. Wo sie erscheinen, kann sogar Erschrockenheit entstehen. Es bleibt Erstaunen, vielleicht sogar Rätselhaftigkeit zurück, die aber doch einmünden kann in eine sinngebende Erfüllung.
Die Bewegung der Engel auf den Menschen zu hat eine mögliche Entsprechung: Die Bewegung des Menschen von »unten« nach »oben« (»Höhenflug«): Sein Weg aus sich heraus in die Transzendenz entspringt einer tief verwurzelten Sehnsucht und antwortet auf den »Flügelschlag« der Engel. Diese Antwort entsteht nicht selbstverständlich, sondern der Mensch muss dazu eingeladen werden.
Am Altar begegnen sich beide Welten, berühren sich »unten« und »oben«. Er ist daher der Ort für Engelgestalten, die hier mit ihrem begreifbaren Körper aus Holz zu unserer Wirklichkeit dazuge­hören, aber gleichzeitig in ihrem Ausdruck unnahbar und rätselhaft wirken - wie aus einer anderen Welt. So weisen sie mit ihrem Blick über das Vordergründige hinaus.
In dem Engel, der den Fisch trägt, begegnen sich Kreuzessymbol und Engelgestalt: Der Fisch als Zeichen für Christus wird von dem Engel so gehalten, dass beide zusammen als ein Kreuz erscheinen.
Die Arbeiten von Elke Teuber-S. möchten den Betrachter einladen, den Mangel an dieser ganz anderen Wirklichkeit in sich wahrzunehmen und sich der Sehnsucht nach dem eigentlich Unaus­sprechlichem zu öffnen.
Ihre Arbeiten sind Impulse zum aufmerksamen Leben.

URSULA BOY-WILL

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